Mittwoch, 16. Mai 2012

Stephen Kenny raus!?

Symptomatisch: Rovers Trainer Stephen Kenny alleine im Regen
Der ein oder andere mag denken: Was eine provokative Überschrift! In der Tat, es ist provokativ, aber nicht weit weg von der Wahrheit, in vielerlei Hinsicht. Das erste Drittel der League of Ireland Saison 2012 ist gespielt, und nach elf Spieltagen ergibt sich bereits ein recht klares Bild. Denn deutlich ist bereits der Vorsprung der Sligo Rovers auf die Shamrock Rovers in der Tabelle. Acht Punkte sind es die die beiden heißesten Meisterschaftsanwärter von einander trennen. Schon ein gewaltiges Stück, nach dieser doch - im Verhältnis gesehen - recht kurzen Zeit. Aber was läuft eigentlich falsch beim Meister?

Fakt ist, die Rovers haben sich bewußt von Trainer Michael O'Neill getrennt, auch wenn es der Öffentlichkeit etwas anders verkauft wurde. Aber wenn sie den Vertrag mit ihrem Erfolgstrainer verlängern hätten wollen, so hätten sie es getan und beide Seiten wären ganz sicher zu einer Einigung gekommen. Nach drei Jahren - mit einer Vizemeisterschaft, einem Pokalfinale, Europa League Fußball und zwei Meisterschaften in Folge - hat man sich für einen klaren einen Schnitt entschieden. Wunschkandidat Stephen Kenny wurde aus Derry losgeist um die Nachfolge anzutreten. Stephen Kenny ist ein erfolgreicher Mann. In Derry. Bisher. Ein kurzes Intermezzo in Schottland war dagegen nur mäßig erfolgreich. Für ihn ist der Job bei den Rovers eine riesen Chance. Er trainiert den besten Verein des Landes, hat Chancen auf Titel, die er so in dem Maße in Derry nicht gehabt hätte. Die Rovers bekommen im Gegenzug einen erfahrenen und erwiesenermaßen erfolgreichen Mann. Eine klassische win-win-Situation? Nicht unbedingt. Im Umfeld der Rovers wird es schnell unruhig, wenn es mal zwei Spiele nicht so läuft. Letztes Jahr wurde ungefähr zur selben Zeit von teilen der Fans der Kopf von Michael O'Neill gefordert. Damals waren es keine acht Punkte Rückstand auf die Spitze. Nach vielen Jahren des Darbens hat sich die Anhängerschaft der Rovers schnell ans gewinnen gewöhnt. Niederlagen werden nicht akzeptiert. Das es nach einem schwachen Saisonstart ungemütlich werden kann für den Trainer, ist also nicht außergewöhnlich. Für Kenny, der in Derry sowas wie Volksheld war, sicher auch eine neue Erfahrung in diesen Dimensionen.

In Derry war es nach fünf Niederlagen noch ruhig, in Tallaght sind drei Spiele ohne Sieg in Folge ein Drama. Hier ist Kenny nicht der Fans Liebling. Er hat nicht außergewöhnlich viel Kredit. Er wurde mit Respekt empfangen, für das was er in der Vergangenheit an anderer Stelle erreicht hat. Aber hier ist er ist der neue, der sich beweisen und liefern muß. Nur das hier und jetzt zählt. Gewinnt er ist alles gut, gewinnt er nicht ist die Kritik groß. Sein Kredit bei Teilen der Fans ist jedenfalls bereits aufgebraucht, viel mehr ist er bereits in den Minusbereich gefallen, sein Kopf wird gefordert. Die desaströse Niederlage in Sligo letzten Samstag hat naturgemäß wenig geholfen um die Situation zu verbessern. Eine Woche zuvor ließ man sich zu Hause eine sicher geglaubte 2:0 Führung von UCD noch nehmen. In der Liga ist man damit seit vier Spielen sieglos. Im Setanta Sports Cup schied man im Halbfinale aus, nachdem es im Hinspiel in Tallaght eine 0:3 Packung gegen Derry gab. Das Wort Krise ist somit sicher keine Untertreibung.

Man braucht nicht lange zu suchen um zu finden wo es bei den Rovers krankt. Während Twigg und Co. fleißig treffen und die bisher 24 erzielten Tore nach elf Spielen den Bestwert der Liga darstellen, ist die Defensive mit bereits 16 Gegentreffern nur bedingt eines Spitzenteams würdig. Es scheint als ob die Abgänge von Pat Sullivan, Enda Stevens und Dan Murray noch nicht verkraftet wurden. Sie hielten die Rovers Defensive im letzten Jahr zusammen. In diesem Jahr kann von Zusammenhalt in der Abwehr keine Rede sein, und das trotz der starken Neuzugänge, vor allem für die Außenverteidigerpositionen von Powell und Gilbert. Auch die Torhüterposition ist eine umstrittene. Alan Mannus verließ den Klub bereits im Sommer, Nachfolger Ryan Thompson machte seine Sache ordentlich in der Rückrunde, wenn auch nicht gänzlich fehlerlos. Er bekam aber keinen neuen Vertrag nach Saisonende. Dafür wurde mit Oscar Jansson ein talentierter Schwede von Tottenham ausgeliehen, zusätzlich der junge Südafrikaner Reyaad Pieterse verpflichtet. Jansson konnte bisher nicht überzeugen, wurde vor dem Sligo Spiel letzten Samstag aber dennoch etwas überraschend von Pieterse ersetzt. Kenny sagte vor dem Spiel, er hätte selten einen besseren Keeper im Training gesehen und das der Junge sich damit den Einsatz verdient hätte.

Es muß mit Wissen des Ergebnisses dieses Spiels im Nachhinein schon die Frage erlaubt sein: Ob Kenny entweder bisher einfach nur noch nie einen wirklich guten Torwart gesehen hat, oder ob Pieterse im Training sich 100% besser präsentierte. Es gab nach dem 0:3 in Sligo viel Häme für Pieterse, der bei allen drei Gegentreffern nicht gut aussah, aber zumindest beim ersten und dritten Treffer einfach seiner Position gerecht werden- und die Bälle halten muß. Das ist ein echtes Problem für Kenny. Vertraut er nun weiter auf den jungen Südafrikaner, und hofft das dieser sich steigern kann? Vor allem müßte er dann hoffen das dieser seine Nerven in Griff hat. Oder beendet er die noch nicht mal richtig begonnene Karriere von Pieterse und stellt den Mann ins Tor, dem er vor einer Woche noch das Vertrauen entzog? Alles nicht wirklich befriedigend vermutlich, eine Verstärkung auf dieser Position im Sommer scheint jedenfalls unausweichlich. 

Ob Stephen Kenny daran dann noch höchstpersönlich arbeiten wird, ist eine andere Frage. Es wird gemunkelt das der Verein ihm nach der Sligo Niederlage ein fünf Spiele Ultimatum auferlegte um die Lage zu verbessern. Ob das der Wahrheit entspricht oder nicht sei mal dahingestellt, aber sollte es keine Steigerung geben, könnte ohnehin schon viel früher Schluß sein für Kenny. Am Freitag empfängt man zu Hause Drogheda (live bei RTE), das bisherige Überraschungsteam der Saison. Nicht einfach zu schlagen, aber nur ein Sieg zählt. Bei einer Niederlage könnten die Rovers gar bis auf den fünften Tabellenplatz fallen. Das wäre in der Tat dann ein Desaster. Andererseits, es noch früh in der Saison und längst nicht alles verloren. Eine Siegesserie und man könnte schnell wieder dran sein an Sligo. Ian Baraclough's Team hat eine phantastische erste Elf, aber nicht viel in der Hinterhand. Ein Ausfall von Stürmer North oder Abwehrchef McGuinness könnte den aktuellen Tabellenführer schwer treffen. Insofern, es ist noch vieles möglich, und die League of Ireland wäre nicht die League of Ireland wenn es nicht schon bald eine dramatische Wendung geben würde. Das sollte und dürfte den Shamrock Rovers, all seinen Fans und nicht zuletzt Trainer Stephen Kenny Mut machen.


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Tor des Monats April:

Am vergangenen Montag wurde in Monday Night Soccer auf RTE das Tor des Monats April gekürt. Wenig überraschend das Chris Forrester mit seinem ultra coolem Finish die Wahl für sich entscheiden konnte. Ein absoluter Genuß dieses Tor, und natürlich gegen die Shamrock Rovers erzielt, beim 5:1 der Pats!

 

Donnerstag, 10. Mai 2012

On the road: Derry Ciy / Finn Harps...

Ich war vergangene Woche auf einer Tour durch den Nordwesten Irlands & Nordirlands. Landschaftlich ein Traum, aber Fußball stand selbstverständlich auch ganz dick auf dem Zettel. Wie passend das die beiden Klubs aus der Region, Derry City und die Finn Harps, jeweils am Freitag und Samstag ein Heimspiel hatten, beide Städte trennen zudem nur knapp 45km und sich spinne feind. Einen Besuch im Brandywell Stadium hatte ich mir ohnehin schon lange vorgenommen, umso besser das in Ballybofey einen Tag später ebenfalls gespielt wurde. Konnte ich also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Das Spitzenspiel des 10. Spieltags der League of Ireland war Derry City gegen die St. Pats aus Dublin, die TV Kameras von RTE waren auch vor Ort und übertrugen das Spiel in die Irischen Haushalte. Für die Candystripes ging es bereits um viel nach einem schwachen Saisonstart, die Pats dagegen wollten den Anschluß an die Spitzengruppe halten und waren zudem noch immer ungeschlagen. Gemessen an der Bedeutung des Spiels, war der Besuch im Brandywell Stadium enttäuschend. Aber die schwachen Leistungen der Candystripes in den vergangenen Wochen spiegeln sich eben auch im Zuschauerzuspruch wieder. Knapp 1,300 waren es wohl, was aber deutlich unter dem Schnitt der letzten Jahre liegt. Wenigstens das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, die Sonne schien einem zu Anpfiff noch mächtig ins Gesicht. 

Das Spiel selbst hielt nicht was es versprach. Derry's Leistung über die 90 Minuten war katastrophal. Nicht das es an Einsatz mangelte, aber an spielerischer Qualität dafür umso mehr. Möglicherweise war dies der letzte Beweis der nötig war um auch dem letzten in Derry klar zu machen das Träume von Titeln und Europa mit diesem Team nicht zu realisieren sind. Die Pats als Auswärtsteam taten nicht sonderlich viel, aber was sie taten war effektiv. Einfaches und schnelles Spiel in die Spitze, klare saubere Pässe über wenige Meter, das reichte um die drei Punkte mit nach Dublin zu nehmen. Wobei vor allem beim zweiten Treffer City Keeper Gerard Doherty deutlich mithalf. Er ließ sich von einem Kullerball der zentral aufs Tor kam überumpeln. Slapstick pur. Man hätte wunderbar drüber lachen können, wäre es nicht so traurig gewesen aus Derry Sicht. Den desillusionierten City Supportern war aber nicht nach lachen zu mute. Trainer Declan Devine sicher auch nicht. Er versuchte von der Seitenlinie aus seine Mannen immer wieder anzutreiben. Erfolglos. Eine Frage muß somit nach 10 Spieltagen schon erlaubt sein: Ist Derry wirklich so schlecht, oder ist Devine einfach nicht der richtige Mann für den in der Tat schwierigen Job? Die Zeit wird es zeigen. Mein Gefühl ist, das er die Saison nicht überleben wird als Trainer der Candystripes. Für die Saints war es dagegen ein wichtiger Erfolg. Sie rücken vor auf den zweiten Platz, liegen nun vier Punkte hinter Spitzenreiter Sligo. Vor einigen Wochen habe ich hier im Blog ja bereits die Frage gestellt ob die Pats reif für den Titel sind. Heute wie damals sage ich: Wer solche Spiele so abgeklärt gewinnt, hat alle Chancen am Saisonende ganz oben zu stehen.

Das Brandywell Stadium an sich ist ein richtig netter Ort zum Fußball schauen. Man ist nahe am Spielfeld, trotz der Hunderennbahn die Tribüne und Platz trennt, die City Supporter machen immer viel Radau, die Trommler geben fast über die komplette Spielzeit den Takt an. Einzig das die Stadiontore erst eine halbe Stunde von Anpfiff öffneten gibt kleine Abzüge in der B-Note.

Am Samstag stand für mich dann Finn Harps gegen Atlone Town auf dem Programm. Ein interessantes Spiel aus sportlicher Sicht. Die First Division ist, zumindest bezüglich des zweiten Play-Off Platzes, ziemlich offen. Meister und Vizemeister werden Limerick und Longford unter sich ausmachen, aber dahinter ist vieles möglich. Im match program der Finn Harps war darum im Vorwort auch zu lesen, das es keinen Grund gäbe warum nicht die Harps den ominösen dritten Platz am Ende der Saison belegen könnten. Sicher nicht falsch, aber ob Peter Hutton's Team gut genug dafür ist muß stark bezweifelt werden. Am Samstag gab es jedenfalls eine 1-2 Niederlage gegen Athlone, und damit dürfte man alle Hoffnungen hinsichtlich eines Aufstiegs erst mal begraben. Zweifelsfrei, es war eine unglückliche Niederlage. Athlone erzielte beide Tore nach Standards, die Harps hatten vor allem in der zweiten Hälfte massenweise Chancen, aber ein Kevin McHugh alleine reicht eben nicht. McHugh zeigte seine ganze Klasse an diesem Abend zumindest eindrucksvoll aufs neue, als er beim zwischenzeitlichen Ausgleich sich den Ball selbst erkämpfte im Mittelfeld und wenig später eiskalt von der Strafraumgrenze aus verwandelte. 

Der Zuschauerzuspruch im Finn Park an diesem Abend war, ähnlich wie schon den Tag zuvor in Derry, extrem schlecht. Allerdings sind die knapp 260 Zuschauer schon noch mal eine ganz andere Dimension. Trotzdem ist der Finn Park einen Besuch mehr als wert. Es ist ein kleiner, ziemlich heruntergekommener Ground, der allerdings das echte Irische Fußballfeeling verkörpert und mir darum besonders gut gefallen hat. Man steht praktisch direkt am Spielfeldrand, kann sich überall frei bewegen, mit netten Fußballfans einen Schwatz halten und einen sehr guten Kaffee trinken für den sich die Verkäuferin, egal wie voll es am Stand gerade ist, sogar die Zeit nimmt Zucker und Milch höchstpersönlich einzurühren. Herrlich! Das der Eintritt nur 10€ war fällt ebenfalls positiv ins Gewicht und somit kann ich sagen, das der Besuch des Finn Parks einer meiner schönsten in diesem Jahr bisher war. 

Ein paar mehr Bilder von meinem Besuch im Brandywell Stadium und dem Finn Park gibt es auf der facebook Seite meines Forums zum irischen Fußball: