Dienstag, 10. Juli 2012

Four days, four games - Ein Erlebnisbericht...

Was macht das "Erlebnis Irischer Fußball" aus? Einerseits eine einfache Frage, einfach zu beantworten vor allem für jene die jede Woche die Möglichkeit haben genau das selbst zu erleben. Tatsächlich Worte dafür zu finden ist schwer, denn, in der Tat, man muß es selbst erleben, die Leidenschaft sehen und die Atmosphäre fühlen. Der folgende Erlebnisbericht möchte aber zumindest einen kleinen Eindruck vermitteln von dem wie diese Liga atmet, was sie bewegt und wie sie lebt.


Donnerstag: Dalymount Park; Bohemians - Thor AK: 0 - 0

Europa ist zurück im Dalymount Park. Knapp eine Woche nach dem legendären 4-0 im Derby über die Rovers hatten die Bohs ein nicht minder wichtiges Spiel vor der Brust. Gegen den Tabellenzweiten der Isländischen Zweiten Liga und dem letztjährigen Vizepokalsieger - worüber Thor sich für die EL qualifizieren konnte - ging es um viel. Ein Erreichen der nächsten Runde ist knapp 100.000 € wert. Viel Geld für den wirtschaftlich arg angeschlagenen Riesen des Irischen Fußballs. Knapp 1.300 Zuschauer waren an diesem Donnerstag Abend in den Dalymount Park gepilgert und kreierten eine wunderbare Fußballatmosphäre. Passend dazu zeigte sich der Irische Sommer ausnahmsweise mal von seiner besten Seite, und so umrahmten ein angenehm warmer Wind und die am Horizont untergehende Sonne das Spiel auf herrliche Art und Weise. 

Ein Torloses Remis war am Ende kein zufriedenstellendes Resultat, gibt den Bohs aber immerhin alle Chancen fürs Rückspiel. Trotz des eher enttäuschenden Ausgangs des Spiels, in dem die meisten eigentlich einen klaren Sieg erwarteten, wurde die Mannschaft mit stehenden Ovationen verabschiedet. Zu Recht, denn Einsatz und Wille stimmten, wie eigentlich immer bei dieser jungen Truppe. Zudem wurde Peter McMahon ein klares Tor zu Unrecht wegen vermeintlichen Handspiels aberkannt. Interessante Anekdote am Rande: Während des Spiels saß neben mir ein in feinem Zwirn gekleideter Herr, der sich im Vorfeld gar mit Handschlag vorstellte, sowie Auskunft über Sponsoren einholte und mir erzählte er wäre nach mehr als zehn Jahren das erste mal wieder zum Fußball im Dalymount Park. Während des Spiels hätte man das nicht für möglich gehalten, so engagiert und leidenschaftlich fieberte er mit. Nach dem Spiel versprach er das sein nächster Besuch bei den Bohs nicht noch einmal zehn Jahre auf sich warten lassen würde und er gar den Klub für ein mögliches Sponsoring kontaktieren möchte. Ob der gute Mann diese Vorsätze in die Tat umsetzt oder nicht, das wird sich zeigen, aber was diese Geschichte doch verdeutlicht: Dem heimischen Fußball einfach mal eine Chance geben, ins Stadion gehen - möglicherweise wird man dann positiv überrascht von dem was man erlebt... man wünschte sich, mehr Iren würden genau das einfach mal tun.



Freitag: Tolka Park; Shelbourne FC - Dundalk FC: 4 - 0

Es gießt wie aus Eimern und es hört einfach nicht auf. Der Irische Sommer fällt in diesem Jahr förmlich ins Wasser und kein Tag wäre sinnbildlicher dafür gewesen als dieser Freitag. Es sind weniger als zehn Minuten Fußweg von meiner Haustür bis zum Tolka Park, aber diese zehn Minuten haben es in sich. Im Stadion angekommen bin ich komplett durch, einmal duschen mit Klamotten! Egal, ich mache es mir auf dem Riverside Stand gemütlich, ganz in der Nähe der Dundalk Fans. Selbst hier, unter dem Dach, bekommt man den Regen noch ins Gesicht gepeitscht. Aber gut, warum soll es den Fans besser ergehen als den Spielern unten auf dem Rasen! In einer Kombination aus Fuß- und Wasserball entwickelte sich eine wahre Schlacht zwischen den Shels und den mit Schlagseite angereisten Gästen aus Dundalk. Über eine Stunde lang hielt der Tabellenvorletzte gut dagegen, dann brachen alle Dämme. Vor allem DFC's Abwehrchef Liam Burns, einst Ausnahmeverteidiger in dieser Liga, ist nun in einem Alter wo seine Beine einfach nicht mehr so wollen wie er es gerne hätte. Anderes gesagt: Er ist lahm wie eine Schnecke und hat die Beweglichkeit eines Steins. Beim dritten Tor wird er daher von den Shels Angreifern gnadenlos überlaufen, auch sonst wirkt er in dieser zweiten Hälfte einfach überfordert. Letzlich aber es ist ein Eigentor von Youngster McLaughlin das für den 4-0 Endstand sorgt. Für die Shels ein wichtiger Erfolg, für Dundalk ein weiterer Schlag ins Gesicht. In den kommenden Tagen entscheidet nun sich aber erst mal abseits des Platzes das weitere Schicksal des Vereins.

Trotz der wirklich extrem widrigen Wetterumstände, war es ein schöner Fußballabend für den neutralen Fan, der ich bei dieser Begegnung war. Tolka Park ist ein wunderbarer Ort zum Fußball schauen. Gemütlich, urig, voller Charme und Geschichte. Dreck und Rost dürfen einem allerdings nichts ausmachen... ist man als LOI Fan aber aus den meißten Stadien ohnehin (leider) gewöhnt. Das ist etwas an dem die Klubs einfach arbeiten müssen. Das Stadien alt sind, ist eine Sache. Das sie teilweise gnadenlos verdreckt sind, eine andere. Einmal die Tribünen mit Wasser abspritzen hätte vermutlich schon einen sichtbaren Effekt. 



Samstag: The Showgrounds; Sligo Rovers - Bray Wanderers: 1 - 1

Es ist ein wichtiges Wochenende in der Liga hinsichtlich der Meisterschaft. Sligo spielt am Samstag, kann vorlegen, oder eben auch Punkte liegen lassen, während die St. Pats und Shamrock Rovers am Sonntag die Möglichkeit hätten Boden gut zu machen auf den Tabellenführer. Für mich geht es Dreieinhalb Stunden mit dem Bus von Dublin nach Sligo in der früh. So eine Fahrt quer durchs Land ist immer wieder ein Genuss fürs Auge, gerade zu dieser Zeit, wenn alles so richtig saftig grün ist. In Sligos The Showgrounds, der auf einer Seite hinter dem Tor aktuell eine komplett neue Sitzplatztribüne bekommt, schaue ich das Spiel auf dem Jinks Avenue Stand, bei den Bray Fans. Nicht das ich etwas gegen die Rovers hätte, im Gegenteil, aber bei vormaligen Besuchen war ich immer auf dem Red Stand zu gegen. Für die knapp 50 aus dem Dubliner Vorort Bray angereisten Wanderers Fans gab es nach dem Spiel immerhin einen hart erkämpften Punktgewinn zu feiern. Sligo dominierte weite Teile des Spiels, ein böser Schnitzer von Linksverteidiger Davoren ermöglichte aber Veteran Jason Byrne die Gäste überraschenderweise in Führung zu schießen. Sligo kam zwar noch zum Ausgleich, verpasste es danach aber seine Überlegenheit in Tore umzumünzen. 

Die knapp 2.000 Sligo Fans ziehen enttäuscht nach Hause. Enttäuscht aber sicher nur für kurze Zeit. Sligo ist eine echte Fußballstadt und die Entwicklung des Klubs ist eines der wenigen positiven Beispiele im Irischen Fußball dafür wie man mit solidem Wirtschaften einen LOI Klub in diesen schweren Zeiten voranbringen kann. Über die letzten Jahre hat Sligo eine Mannschaft mit viel Ruhe und Gelassenheit aufgebaut, die nun nicht nur die Liga dominiert und sich anschickt die erste Meisterschaft nach über 30 Jahren zu gewinnen, sondern auch noch revolutionären Fußball spielt, für Irische Verhältnisse zumindest. Der Ausbau des Stadions, mit der neuen Hintertortribüne, ist nur eine weitere gute Nachricht in dieser wunderbaren Geschichte. 



Sonntag: Tallaght Stadium; Shamrock Rovers - St. Pats Athletic: 1 - 1

Nach dem Sligo am Samstag nur zu einem Remis kam, war dies eine gute Gelegenheit für beide Teams die Lücke zum Tabellenführer zu verkürzen. Für die Rovers war es aber nicht nur aus diesem Grund ein wichtiges Spiel, sondern vor allem weil nach der herben Derbypleite in der letzten Woche bei den Bohemians eine ernsthafte Reaktion von nöten war. Vor allem für Trainer Stephen Kenny, der bekanntlich alles andere als fest im Sattel sitzt. Das 1-1 gegen die Pats am Sonntag dürfte seine Position aber nur mäßig gestärkt haben. Da hilft es auch nicht das die Rovers sich klar formverbessert zeigten. Es war ein durchaus attraktives Spiel, mit vielen Chancen, und vor allem tollen Torhüterleistungen. Das machte es einem als Zuschauer etwas leichter die 90 Minuten zu ertragen, weil es schlicht schweine kalt war, bedenkt man das eigentlich Juli ist, ich mir aber eine wärmende Mütze an diesem Nachmittag im Tallaght Stadium gewünscht hätte. Die Pats können mit diesem Punkt letztlich etwas besser leben. Ein Ausgleich in der 90. Minute fühlt sich ohnehin immer eher ein bisschen wie ein Sieg an. Pat Flynn versetzte die Pats Fans - die an diesem Nachmittag glänzend aufgelegt waren - mit seinem Tor in Ekstase, dagegen war die Frustration bei allen die es mit den Rovers hielten verständlicherweise groß. Stephen Kenny entzog sich nach dem Spiel gar den Kameras, verweigerte sich jedem Interview. Kenny zeigte sich in der vergangenen Woche bereits dünnheutig, als er dem vormaligen St. Pats CEO, Richie Sadlier, mangelnden Respekt vorwarf, weil dieser ihn zuvor in der TV Sendung Monday Night Soccer scharf kritisierte. In dieser Sache mögen sich für und wider letztlich ausgleichen, aber Fakt ist das Kenny keinen sonderlich coolen Eindruck momentan hinterlässt und mit solchen Aktionen selbst Öl ins Feuer gießt. 

Mein persönlicher Eindruck am Sonntag im Tallaght Stadium war einmal mehr, das die Chemie zwischen Trainer und Team nicht stimmt. Es sind kleine Aktionen die diesem Eindruck Gewicht verleihen und so scheint es aus meiner Sicht momentan praktisch unmöglich das Kenny die Saison als Rovers Trainer übersteht. Was schade ist. Kenny selbst kommt aus Tallaght, eine größere Verbindung mit einem Klub kann es kaum geben. Er ist ausgewiesener Fußballfachmann, Erfolgstrainer und hat eine gewisse Autorität die ihn umgibt, das man glauben sollte, er kann die von Michael O'Neill begonnene Ära bei den Rovers fortführen. Aber manchmal passt es eben einfach nicht...





 

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